Ortsgemeinde Freimersheim in Rheinhessen

Freimersheim

Ein rheinhessisches Dorf.
(Zusammengetragen von Dr. Manfred Halfer†)

Die erste schriftliche Erwähnung von Freimersheim verdanken wir, wie vielen Orten in Rheinhessen, der Reichsabtei Lorsch. So schenkte 763 Ratbald dem Kloster 4 Morgen Ackerland in frimersheim.  Der Ortsname leitet sich von dem Personennamen Frimâr ab und bedeutet ,,Heim/Siedlung des Frimâr und seiner Sippe“.

Die Nachrichten aus dem Mittelalter oder der frühen Neuzeit sind recht spärlich und einsilbig: Es geht immer um Güter/Abgaben, die verkauft, verpfändet oder zum Seelenheil gestiftet werden. In Freimersheim waren einst namhafte Klöster begütert: Lorsch, Otterberg, St. Johann in Alzey, St. Martin in Sponheim, Syon, Münsterdreisen und Schönau.

Im 18. Jahrhundert hatten folgende Geschlechter hier noch Grundbesitz: die Euler von Dieburg, die von Horneck, die von Sickingen, die von Heppenheim gen. vom Saal, die Herren von Geroldseck, die von Leiningen, der Bischof von Worms, die Herrschaft Scharfeneck, die Pfalzgrafen (Hof der Kellerei Alzey), die Rauhgrafen und die von Bolanden. Der überwiegende Teil der Freimersheimer Gemarkung war jedoch in kirchlichem Besitz: Die sogen. Fahlgüter der Klöster Syon, Münsterdreisen und Otterberg umfaßten 2/3 der Gemarkung.

Bezeichnend für die soziale Lage der Bauern im Mittelalter war, daß an der Bauernschlacht bei Pfeddersheim 1525 mehrere Freimersheimer beteiligt waren: Hen Beltzen (Anführer), Jobst Schwob, Adam Müller, Philipp Hofmann und Claus Becker. Ende des 18. Jh. erhielt Freimersheim den unterscheidenden Zusatz hinter der Warte. Er war notwendig geworden, um Freimersheim von dem damals gleichnamigen Framersheim abzugrenzen.

Das zur 1200 Jahr - Feier 1963 neu verliehene Ortswappen knüpft an das alte Gemeindesiegel an. Es zeigt neben einem stilisierten F auch den schreitenden Pfälzer Löwen als Hinweis auf die lange Zugehörigkeit zur Pfalzgrafschaft.

Die Größe und Zusammensetzung des Kulturlandes ist in den letzten 200 Jahren in etwa gleich geblieben. Die ersten Flächenangaben rühren aus dem Jahr 1767 : 1767 Morgen (M.) Acker, 16 M. Wiesen, 40 M. Gärten, 26 M. Wald = 1849 Morgen (Württembergische Morgen?). Inwieweit diese Angaben zuverlässig sind, mag dahin gestellt bleiben. Eine spätere Zusammenstellung aus dem Jahr 1863 weist folgende Flächen aus: 14,46 M. Hofreiten, 18,22 M. Gärten, 2431,30 M. Ackerland, 1,09 M. Wein-gärten, 29,29 M. sonstige Kulturarten und 60,35 M. Straßen 1 Bäche, insgesamt 2554,71 Große Hessische Morgen = 639 ha. Die Freimersheimer Gemarkung besteht fast ausschließlich aus Ackerland. Sonderkulturen wie Weinbau spielen eine untergeordnete Rolle. Ende des 18. Jahrhunderts wird auch eine Maulbeerplantage für die Seidenraupenzucht in der Flur "Am Hang" erwähnt. Während früher 80% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig waren, so gibt es heute nur noch 5 Vollerwerbsbetriebe.

Über die Bevölkerungsentwicklung der letzten 200 Jahre sind wir relativ gut unterrichtet: um 1780 ca. 60 Häuser, a. 1800: 372 Einwohner (E.), a. 1815: 460 E., a. 1834: 696(!) E., a. 1871: 605 E., zwischen 1881 und 1970 liegt die Einwohnerzahl um 500 mit einer Schwankungsbreite von 5%, 1984 erreicht sie einen Tiefstand mit 426 Einwohnern, heute zählt man 686 Einwohner.

Um 1780 führte durch Freimersheim die ,,gemeine Landstraße“ von Alzey nach Kaiserslautern; im Ort selbst wurde Landzoll erhoben. Auf Veranlassung von Napoleon 1. wurde 1811 eine Fernstraße gebaut: die Kaiser - Straße (Pariser Straße). In der Folgezeit wurde die Verkehrsanbindung des Ortes systematisch verbessert: 1893 Verbindungsweg zur Kaiserstraße, 1899 Bau der Landstraße nach Ilbesheim, 1906 Bau der Landstraße nach Wahlheim, die früher durch die Pfarrwiesen führte. Durch den Bau der Anschlußstelle Freimersheim der A63 erfährt unsere Gemeinde eine optimale Anbindung an die Ballungszentren Rhein - Main und Neckar.

Nahezu optimal für das 19. Jahrhundert wurde die Anbindung an das Verkehrsnetz durch die 1873 eröffnete Eisenbahnlinie Alzey - Kirchheimbolanden. Der Personenverkehr auf dieser Strecke wurde 1951 eingestellt; dann wurden nur noch Massengüter wie Zuckerrüben oder zuletzt Basalt befördert. 1999  wird der Personennahverkehr,  Kirchheimbolanden – Alzey,  durch die RP Bahn eröffnet, diese ist dem Rheinland-Pfalz-Takt angeschlossen. Der öffentliche Busverkehr wird eingestellt.

Zur Geschichte des Rathauses haben wir wenig Informationen; die alte Sturm- und Feuerglocke wurde 1711 in Mainz gegossen ( 1711 goß mich Georg Christoph Roth in Mainz. SI HIC TEGAT CUSTODIEMINI = ,,Wenn diese schützt, seid ihr bewacht“). Sie wurde nach dem Verkauf des Rathauses 1971 in die Leichenhalle gebracht; die 1980 in eine moderne Aussegnungshalle umgebaut wurde.

Um 1600 muß wieder ein bescheidenes Maß an Wohlstand vorhanden gewesen sein. Es wird eine Schule und ein Lehrer Johannes Moller erwähnt, der damals direkt von der Gemeinde bezahlt wurde. Das erste evangelische Schulhaus wurde 1816 gebaut. Diese Schule wurde zeitweise als kommunale Schule betrieben. 1869 baute die evangelische Kirchengemeinde gegenüber dem Rathaus unter Verwendung öffentlicher Gelder eine neue Schule, die 1870 eingeweiht wurde. Bereits 1901 mußte das Gebäude aufgestockt werden. So gab es im Erd- und Obergeschoß je einen Klassenraum und Teilwohnungen.

Neben der evangelischen Schule befand sich die 1839 (heute Anwesen Knobloch) errichtete katholische Schule. Das Gebäude wurde als Schule, Vorschule (Kindergarten) und Lehrerwohnung genutzt.

Mit der Gründung des Schulverbandes Flomborn 1970 verliert Freimersheim seine Grundschule. Die frei werdenden Räumlichkeiten werden nun einer anderweitigen Nutzung zugeführt. Der Schulsaal wird zum Feuerwehrgerätehaus ausgebaut, ein anderer Teil wird von der Gemeinde für die Ratssitzungen benutzt.

Mit besonderem Stolz blickt die Gemeinde auf die neu geschaffenen kommunalen Einrichtungen: 1994 Einweihung der  Kindertagesstätte in Wahlheim,  2010  Erweiterungsanbau (in Trägerschaft der Gemeinden des Kettenheimer Grundes).

Seit 1995 besitzt die Gemeinde ein repräsentatives Bürgerhaus.

Der Aufspringbach trieb ursprünglich drei Mühlen an: Aufspringmühle ( 1342 by der mulen), Obermühle ( 1443 die Hälfte der Obermühle, welche die Schluchter v. Erpfenstein von Kurpfalz zu Mannlehen tragen, wird eingezogen) und die Unterste-Mühle.

Aus der Aufspring-Quelle wird Freimersheim von jeher mit Wasser versorgt ( 1342 Aufspring-Quelle). Das Wasserhaus wurde 1914 errichtet. Seit 1975 findet die Wasserversorgung unter der Regie der Verbandsgemeindewerke statt.

Der Anschluß an das öffentliche Stromnetz erfolgt 1914 .

Das gesellschaftliche Leben wird wesentlich durch folgende Institutionen geprägt: den Männergesangverein Freimersheim 1874 (Singbetrieb ruht seit Anfang 2010), den Turnverein 1909 Freimersheim und die Freiwillige Feuerwehr.

Nachdem der Turnverein unterschiedliche Örtlichkeiten genutzt hatte, Turnplatz im Ort, Acker bei der Flur Orbis, wurde der jetzige Sportplatz von der Gemeinde zur Verfügung gestellt, die Einweihung erfolgte 1972 , die Erweiterung um Umkleidekabinen 1974 , die Versorgung mit Strom und Wasser 1981/82.

Die katholische Kirche besitzt ein St. Josefs-Patrozinium. Bezüglich der Pfarrorganisation gehörte Freimersheim ursprünglich zum Kirchheimer und ab 1521 wird es dem Alzeyer Landkapitel zugewiesen.
 
Anfänge des Chores gehören ins 9. Jahrhundert , der Schlußstein im Chorbogen zeigt 1152. Die freigelegten Wandmalereien aus der Zeit um 1250 zeigen den Hl. Cyrakus und den HI. Erasmus. Den kathol. Pfarrsitz übergibt 1418 Wernher Winter von Alzey an Kurfürst Ludwig III., der dieses Recht an das Heilig Geist Stift zu Heidelberg verlieh. Ein Schlußstein von 1494 in den Gewölberippen der Sakristei verweist auf die Entstehungszeit des Anbaues; kurz darauf wurde sie durch Brand beschädigt.

Durch die Zuweisung der St. Josefs-Kirche an die Katholiken wurde der Bau eines evangelischen Gotteshauses zwingend.

Die 1724 errichtete  evangelische Kirche wurde 1856 renoviert. Franz Speck in Heidelberg goß 1755 die 130 kg schwere Glocke für die Gemeinde. Ein steinerner Altar zum Preis von 66 Gulden wurde 1865 eingebaut.
Das Nerzgewölbe im Chor rührt ebenfalls aus dieser Epoche. Um 1700 wurde die Kirche grundlegend umgestaltet: Das Kirchenschiff erhielt vier große Fenster, nachdem die Südwand um zwei Meter nach außen versetzt wurde.

Der alte gotisch gestaltete Eingang wurde entfernt und ein barocker Eingang seitlich angemauert. Neben einer neuen Decke erhielt die Kirche auch einen passenden Hochaltar. Seit Einführung der Reformation ( ca. 1560 ) wurde die Kirche gemeinsam von den christlichen Religionen benutzt. Bei der pfälzischen Kirchenteilung wurde das Gotteshaus 1705 den Katholiken zugesprochen. Kurz darauf wurde umfassend renoviert: Seitenaltäre, Kanzel und Hochaltar wurden neu aufgebaut.

Der erste katholische Pfarrer war Georg Balthasar Wersmann. Das Gotteshaus erhielt um 1750 eine neue Orgel und wurde in der Folgezeit mehrfach renoviert: 1880 Dachstuhl nach Blitzeinschlag, 1923 Kirchenfenster und 1959 Empore und Heizung.

1994 werden die Renovierungsarbeiten am alten katholischen Pfarrhaus abgeschlossen und das Pfarrzentrum St. Martin eröffnet.

Der alte Kirchturm wurde 1879 entfernt und zuletzt fand 1964 eine umfassende Renovierung im Barock-Stil statt: Erneuerung der Bänke, Motor für die Stumm-Orgel und Heizung. Die Kirche wird als Filiale der Pfarrei Kettenheim geführt.

Das evangelische Gemeindezentrum ist seit 1992 im Hahn‘schen -Hof, einer Stiftung der Familie Hahn.

Freimersheim feiert seine Kirchweih am zweiten Sonntag im September.

Der jetzige Friedhof ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts belegt; der alte befand sich an der St. Josefs-Kirche. Er wurde aus räumlichen und konfessionellen Gründen aufgegeben.

Auf dem heutigen Friedhof befindet sich auch das Kriegerdenkmal, das 1875 zur Erinnerung an den deutsch-französischen Krieg 1870/71 am Roßmarkt eingeweiht wurde.
 
1998 wurde der Sandsteinbrunn auf dem Dorfplatz in der Hauptstraße (Finanzierung und Aufbau durch Interessengemeinschaft Obergasse) eingeweiht.

Als letzte Gemeinde der Verbandsgemeinde Alzey-Land beginnt 2002  in Freimersheim der Kanalbau.

Der Neuausbau der Ortsstraßen wurde im II. Quartal des Jahres 2004 in Angriff genommen und Ende 2008 abgeschlossen.

Der Kinder- und Jugendchor „Kühler Grund“  wurde 2006 auf Initiative der Männergesangvereine Kettenheim und Freimersheim gegründet. Kinder aus den vier Gemeinden des Kettenheimer Grundes wirken hier mit.

Das Gelände der ehemaligen Raiffeisenkasse wurde 2008 von einem Investor gekauft und  wurde in einen Gewerbepark umgebaut.

Seit 2010 verfügt die Gemeinde über schnelles DSL  (50.000 Kbit/sec).  In 2010 wurde außerdem eines,  von 2 geplanten Regenrückhaltebecken, zum Schutz der Bürger fertiggestellt.